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Leichtathletik fürs Gehirn: Rostocker Mediziner treten für Früherkennung von Demenz ein

21. May 2008

Der Rostocker Psychiater und Spezialist für Demenzerkrankungen, Professor Dr. Stefan Teipel, tritt für eine verstärkte Früherkennung von Demenzkrankheiten ein.

In den meisten Fällen werden Krankheiten wie Alzheimer erst sehr spät diagnostisiert, so dass vorbeugende Maßnahmen nicht mehr ergriffen werden können. Die Früherkennung dagegen ermöglicht die längere Integration der Betroffenen ins Alltagsleben. In diesem Sinne wird an der Psychiatrischen Klinik der Universität Rostock der Ausbau der Gedächtnissprechstunde zu einer „Memory Clinic“ vorangetrieben.

 

In Deutschland leiden rund 1,5 Millionen Menschen an Demenzerkrankungen, die meisten Betroffenen haben Alzheimer. Die Prognosen stehen schlecht: In den kommenden zehn Jahren wird die Zahl der Demenzpatienten um weitere 60 Prozent steigen. Das Problem: „Das Netz zur Betreuung von Patienten mit Demenzerkrankungen ist noch längst nicht eng genug“, konstatiert Professor Dr. Stefan Teipel von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Uniklinikum Rostock. Bereits heute fließen in der Bundesrepublik jährlich rund 20 Milliarden Euro in die direkte Betreuung von Demenzkranken. 80 Prozent dieser Patienten werden von Angehörigen zu Hause betreut.

 

Aber nicht nur finanziell sind die Familien durch die Demenzerkrankung belastet. „Wenn die Erkrankung zu spät erkannt wird, kommt es zu Verhaltensstörungen wie Schlaflosigkeit, nächtlichem Umherwandern und schweren Verstimmungszuständen, die die pflegenden Angehörigen sehr belasten“, so Professor Teipel. Durch rechtzeitige Diagnose, Behandlung und Unterstützung der Angehörigen kann dieser Entwicklung vorgebeugt werden. Dabei gilt: „Dem Patienten mit Demenz kann es nicht gut gehen, wenn es dem pflegenden Angehörigen schlecht geht.“ Dabei könnte die Betreuung der Betroffenen deutlich verbessert werden – durch die Früherkennung der Erkrankung. „Demenzkrankheiten wie Alzheimer werden heute in der Regel erst diagnostiziert, wenn die Betroffenen so schwer krank sind, dass sie ins Heim müssen“, so Professor Teipel. Heilbar sind diese Krankheiten zwar noch nicht, aber durch rechtzeitige Erkennung können ihre fatalen Folgen über Jahre aufgeschoben, die Symptome deutlich gemildert werden, sagt der Mediziner. Ziel sei es, die Betroffenen so lange wie möglich in ihrer heimischen Umgebung zu lassen und sie ins Alltagsleben zu integrieren. Möglich werde dies durch die Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegern, Angehörigen und Sozialverbänden.

 

Voraussetzung ist allerdings eine frühzeitige Untersuchung, durch die bereits Jahre vor dem akuten Ausbruch der Krankheit die drohende Demenz festgestellt werden kann. Dies erfolgt durch Gedächtnistests, eine gründliche psychiatrische und neurologisch Untersuchung und durch Untersuchung des Gehirns mit bildgebenden Verfahren wie der Magnetfeldbasierten MRT. Am Uniklinikum Rostock wird derzeit die bereits vorhandene Gedächtnissprechstunde zur „Memory Clinic“ ausgebaut, in der Betroffene und Angehörige fit für den täglichen Umgang mit der Demenz gemacht werden.

 

Professor Dr. Teipel bekleidet seit kurzem die Professur für klinisch-experimentelle Psychiatrie mit dem Schwerpunkt Demenz in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Rostock.