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Teilchenbeschleuniger versorgt Nuklearmedizin mit radioaktiven Stoffen

03. April 2017

Ein tonnenschwerer Mantel umhüllt den Teilchenbeschleuniger. Zum Team gehören Dr. Jens Kurth, Medizinphysiker (nicht auf dem Bild zu sehen), Dr. Alexander Hohn, Radiochemiker (von hinten links), Mathias Püschel, Chemisch-technischer Assistent, Dr. Wolfgang Rutz, Radiochemiker, Prof. Dr. Bernd Joachim Krause, Chef der Nuklearmedizin, Dr. Carina Bergner, Medizinphysik-Expertin und Chemikerin, sowie Dr. Hubertus Künstner, Strahlenphysiker.

Schnelle Versorgung in größtem PET/CT-Zentrum Norddeutschlands

Krebstumore früh zu erkennen, ist überlebenswichtig. Eine hochpräzise Bildgebung hilft dabei. Solche Aufnahmen liefert ein Gerät namens Positronen-Emissions-Tomograph in Kombination mit einem Computertomographen (kurz PET/CT), das zur molekularen Bildgebung eingesetzt wird. Die Rostocker Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin betreibt das größte PET-CT-Zentrum Norddeutschlands. Dort werden Patienten aus der gesamten Region und darüber hinaus untersucht. Um künftig unabhängig und flexibel in der molekularen Bildgebung zu sein, hat die Universitätsmedizin Rostock jetzt ein Zyklotron in Betrieb genommen. Das ist ein Teilchenbeschleuniger, bei dem ungefährliche radioaktive Stoffe - Radionuklide - gewonnen werden. Die braucht es für die Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln namens Radiopharmaka, die zur molekularen Bildgebung durch PET/CT eingesetzt werden.

In einen 50 Tonnen wiegenden Mantel aus einem Beton-Paraffin-Gemisch ist der Teilchenbeschleuniger im Keller der Nuklearmedizin am Gertrudenplatz eingehüllt. Er sorgt dafür, dass keine Strahlung nach außen dringt. Unter strengsten Qualitätskontrollen und unter Einhaltung arzneimittelgesetzlicher Regelungen stellen die Mitarbeiter des Arbeitsbereiches Radiopharmazie die Radiopharmaka in einem Reinraumlabor vollautomatisiert her.

„Sie dienen ähnlich wie Kontrastmittel dazu, Krankheiten im Körper des Patienten sichtbar zu machen“, sagt Klinikdirektor Prof. Dr. Bernd Joachim Krause. Die Radiopharmaka werden dem Patienten per Injektion verabreicht, um bei der Diagnostik in der PET/CT krankes Gewebe von gesundem zu unterscheiden. Die hochspezifischen Bilder ließen Erkrankungen in einem sehr frühen Stadium erkennen, so Krause. „Veränderungen von Stoffwechselprozessen, die beispielsweise Tumore aufweisen, können so sehr genau dargestellt werden – und das sogar in Form einer Ganzkörperaufnahme.“ Im Vergleich zur herkömmlichen CT-Aufnahme kann mit der PET/CT die Ausdehnung bösartiger Geschwüre viel genauer geortet und abgegrenzt werden. Auch neurodegenerative Krankheiten wie etwa Demenz können die Nuklearmediziner nachweisen, indem sie Ablagerungen im Gehirn feststellen.

Bis vor Kurzem hatte die Klinik Radionuklide und zum Teil auch Radiopharmaka noch aus Berlin bezogen. Da die Radionuklide eine kurze Halbwertszeit haben und ein Teil der Aktivität bei der Ankunft in Rostock bereits zerfallen war, musste die Klinik größere Mengen bestellen; kurzlebige Radionuklide konnten gar nicht zum Einsatz kommen. Mit der Anschaffung des 50 Tonnen schweren Zyklotrons hingegen macht sich die Unimedizin unabhängig von ihren Zulieferern. „Wir produzieren jetzt nur so viel Radionuklide, wie wir auch tatsächlich benötigen“, erklärt der Klinik-Direktor. Zudem könnten die Radiopharmaka schneller und flexibler hergestellt werden. „Für jeden Patienten muss das Medikament individuell hergestellt werden.“

Die Zeitersparnis ermögliche es der Nuklearmedizin, künftig Patienten schneller und flexibler per PET/CT zu untersuchen. Darüber hinaus können zum Wohle der Patienten nun auch Radiopharmaka hergestellt werden, die vorher an der Universitätsmedizin Rostock nicht eingesetzt werden konnten.