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93 Jahre alt – und topfit nach Herz-OP

26. May 2015

Nun geht’s wieder heim: Warnemünderin Christa Schumacher mit ihren Ärzten Dr. Alexander Kaminski (l.) und Dr. Tim Rehders.

Die Warnemünderin kollabierte beim Singen. Herzspezialisten setzten ihr neue Herzklappe.

Christa Schumacher setzt sich noch schnell das Hörgerät ein, bevor der Arzt mit der Untersuchung beginnt. „Ich will Sie ja auch verstehen“, sagt sie und lacht. Vor wenigen Wochen wurden ihr in der Universitätsmedizin Rostock eine künstliche Herzklappe und ein Schrittmacher eingesetzt. Nun geht es endlich wieder nach Hause. 93 Jahre ist die Warnemünderin alt– und damit die älteste Patientin auf der Kardiologie-Station. 

Beim Singen im Chor sei sie plötzlich bewusstlos geworden, erzählt die Rentnerin. „Stimme habe ich nämlich immer noch. Seit meiner Kindheit singe ich, seit 30 Jahren bei der Volkssolidarität. Auch da bin ich die Älteste.“ An ihrer Seite sitzt bei Proben und Aufführungen stets eine Chor-Kollegin, die auf sie aufpasst und im Notfall schnell reagieren kann. So gab es auch direkte Hilfe, als die betagte Sängerin Anfang April plötzlich in Ohnmacht fiel. Die Ursache: eine Verengung in der Aortenklappe. 

„Als Frau Schumacher zu uns kam, waren wir auf Station sofort beeindruckt“, erinnert sich Dr. Tim Rehders, leitender Oberarzt der Rostocker Kardiologie. „Natürlich sahen wir eine betagte Dame vor uns, mit einem in diesem Alter nicht ganz ungewöhnlichen Herzproblem. Sie stand aber noch voll im Leben.“ Christa Schumacher lebt allein und sorgt selbst für sich. „Ich kaufe ein und bekoche mich“, sagt sie. Früher habe sie noch das Treppenhaus geputzt, das überlasse sie mittlerweile Jüngeren. Mit Krankheiten hatte sie im Leben nie viel zu schaffen. „Mich kann so schnell nichts erschüttern.“ Dass es nun mit 93 Jahren doch einmal kurz ernst wurde, gehöre eben dazu.

Um eine neue Herzklappe einzusetzen, ist normalerweise eine offene Operation notwendig. Wegen des fortgeschrittenen Alters der Patientin entschieden sich die Mediziner in diesem Fall aber für einen kleinen Eingriff über die Leiste. „Mit älteren Patienten gehen wir ganz besonders vorsichtig um“, sagt Herzchirurg Dr. Alexander Kaminski. „Zum Einsatz kommen prinzipiell nur Herzklappen der neuesten Generation. Wir wählen sie für jeden individuell aus.“ 

Oft komme es nicht vor, dass Menschen in Schumachers Alter auf der Herz-Station behandelt würden, sagt Rehders: „In meiner Zeit hier kann ich mich an keine Patientin erinnern, die älter gewesen wäre.“ Diskussionen darüber, ob es noch lohne, betagten Patienten künstliche Hüftgelenke oder Herzklappen einzusetzen, steht der Mediziner mit einer klaren Meinung gegenüber: „Es geht uns darum, Lebensqualität zu verbessern oder zumindest zu erhalten“, sagt er. „Wenn jemand aktiv im Leben steht, sollte man die Möglichkeiten unbedingt ausschöpfen.“

Zehn Jahre und mehr, sagt Rehders, kann die 93-Jährige nun mit der neuen Klappe bewältigen. „Schön wär’s“, Christa Schumacher lacht auf. „Ich glaube aber, das schaffe ich nicht mehr.“ Auch wenn sie stets nach vorn schaue, zeigten sich doch Nebenerscheinungen des Alterns, räumt sie ein. „Gleichgewicht und Gedächtnis sind nicht mehr so. Und schauen Sie mal, diese krauselige Haut.“ Gott sei Dank gebe es Hilfsmittelchen. „Wie mein Hörgerät.“

Mittlerweile hat sich die 93-Jährige erholt und die Herzspezialisten sind froh: Es ist alles gut verheilt. „Der frische Wind steht Ihnen besser als die Krankenhausluft“, verspricht Dr. Rehders seiner Patientin, die er liebevoll „Goldmädchen“ nennt. Auch Christa Schumacher, nach ein paar Wochen Bettruhe noch etwas wackelig auf den Beinen, freut sich, ins normale Leben zurückzukehren. Und vor allem darauf, bald wieder im Chor zu singen.