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Beobachtung und Liebe: Unimedizin bildet Kinderkrankenschwestern aus

06. August 2015

Wickeln bis zum Umfallen: Mit einer Puppe, die das Gewicht eines Neugeborenen hat, bereitet Kinderkrankenschwester Grit Orlowski ihre Azubis auf die Prüfungen vor.

Fünf Azubis zwischen 16 und 21 Jahren starten am 1. September in die Ausbildung.

Nicht immer ganz einfach ist sie, die Arbeit mit jungen Patienten, weiß Grit Orlowski. Seit mehr als 30 Jahren ist sie Kinderkrankenschwester an der Universitätsmedizin Rostock. „Für mich ein echter Traumjob.“ Ihre Begeisterung für den Beruf möchte sie künftig auch an den Nachwuchs herantragen: mit der Ausbildung von Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern, die am 1. September mit fünf jungen Menschen zwischen 16 und 21 Jahren startet.

Die Ausbildung, die angehende Pflegekräfte zum Einsatz auf Kinder-Stationen befähigt, wird nach einer fünfjährigen Unterbrechung an der Rostocker Unimedizin wieder aufgenommen. „Ein großer Gewinn“ sagt Orlowski. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, man kann ihre Pflege nicht mit der Pflege von großen Patienten vergleichen.“ Kinder und Neugeborene könnten zum Beispiel nicht immer sagen, dass sie Schmerzen haben oder sich unwohl fühlen. „Wir müssen die kleinen Patienten viel beobachten, das ist das A und O. Und das muss man lernen.“ Hinzu komme, dass der Nachwuchs ausgehe und die Kinder-Stationen altern - „mit 49 Jahren zähle ich beinahe zu den Jüngsten“, lacht die Schwester. „Ich freue mich auf den frischen Wind.“

Wer sich um die Kleinsten im Krankenhaus kümmern will, braucht starke Nerven, weiß Orlowski. „Bei uns ist es lauter als anderswo“, sagt sie. „Es kann schon mal vorkommen, dass ein Kind den ganzen Tag weint oder erbricht. Auf Dauer ziemlich anstrengend.“ Jungen Menschen, die sich für den Beruf interessieren, empfiehlt sie daher, sich vorher in einem Praktikum auszuprobieren. „Man sollte sich sicher sein, dass man es will.“ Mit einem Schnupperkurs in der Kita lasse sich der Einsatz in der Klinik aber kaum vergleichen, betont die Expertin. „Es wäre falsch zu glauben, dass unsere Arbeit immer niedlich ist. Unsere Kinder sind krank, manche schwerkrank.“ Daher sei es wichtig, dass die angehenden Pflegekräfte nach Feierabend Freunde und Verwandte haben, die sie auffangen. 

Um Erlebtes zu verarbeiten - und mit klarem Kopf in den nächsten Tag zu starten: „Kleine Patienten brauchen Liebe, Zeit, viel Einfühlungsvermögen. Wir müssen sie mitunter baden, füttern und verhandeln, wenn sie mal nicht so viel Hunger haben.“ Hinzu kommt die Erwachsenenarbeit: „Mütter und Väter kranker Kinder haben Ängste und fühlen sich hilflos“, weiß die Schwester. „Es ist ganz natürlich, dass sich der Frust manchmal am Pflegepersonal entlädt. Das muss man aushalten - schließlich dürfen wir nicht einfach die Achseln zucken und den Raum verlassen.“

Alles, was die angehenden Kinderkrankenschwestern wissen müssen, bringt Orlowski ihnen in der dreijährigen Ausbildung bei. „Ein straffes Programm, in dem wir alle Gebiete abdecken - von der Pflege psychisch kranker Kinder, über Diabetes-Erkrankungen bis hin zu kleinen krebskranken Patienten.“ Zwischen den Theorieeinheiten kommen die Azubis in den Übungsraum: „Dort werden wir Puppen wickeln und baden bis zum Umfallen“, freut sich Orlowski, die 1982 selbst an der Unimedizin in die Ausbildung startete. „Ich bin ehrgeizig und will viel zeigen, damit aus meinen Azubis klasse Kinderkrankenschwestern werden.“

Auch wenn die fünf neuen Lehrlinge durchweg weiblich sind, sei der Beruf des Kinderkrankenpflegers alles andere als ein klassischer Frauenjob. „Früher hatte ich schon zwei Jungs dabei, das funktioniert super“, sagt Grit Orlowski und schmunzelt: „Es gibt deutlich weniger Zickenterror, wenn ein paar Herren in der Klasse sind.“ In ihrer Arbeit beobachtet sie außerdem, dass besonders Jugendliche einen engen Draht zu männlichen Pflegern aufbauen und sie als Ansprechpartner schätzen. „In Bereichen wie der Kinderonkologie, in denen die psychische Belastung sehr hoch sein kann, glänzen sie. Das finde ich ideal.“