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Bücherei in Kinderklinik: Ehrenamtlerinnen nehmen Abschied

30. January 2020
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Das Team der Bücherausleihe: Angelika Pfitzner-Pozorski (v.l.), Karin Kleinau, Renate Hilbert und Barbara Klen mit Prof. Dr. Jan Däbritz, Leiter der Kinder- und Jugendklinik.

Kindliches Interesse an Büchern sinkt / Projekt läuft in Gehlsdorf weiter

Ein letztes Mal schiebt Karin Kleinau den 40 Kilo schweren und mit Literatur beladenen Bücherwagen durch die Kinderklinik der Rostocker Universitätsmedizin. Lächelnd öffnet die 84-Jährige die Tür eines Patientenzimmers und stellt sich vor: „Guten Tag, ich komme von der Kinderbibliothek.“ Mehr als 20 Jahre lang hat die Rentnerin gemeinsam mit weiteren Damen die jungen Patienten wöchentlich besucht und ihnen Bücher ausgeliehen. Jetzt wurde das Projekt am Campus Schillingallee eingestellt. 

Wenn die Rentnerinnen zuletzt mit ihrem Wagen von Tür zu Tür über die Station zogen, stießen sie längst nicht mehr bei allen Kindern auf Interesse: „Wir haben zunehmend gegen digitale Lesegeräte angekämpft“, sagt Karin Kleinau, die das Projekt seit 2000 geleitet hat. „Da hatten wir kaum eine Chance.“ An manchen Tagen konnten die Damen nur ein bis zwei, manchmal gar keine Bücher verleihen. „Das war schon frustrierend.“ Ein Dauerbrenner jedoch: Die Guinness-Weltrekord-Bücher. „Die wurden von den Nichtlesern immer gut angenommen.“

1995 wurde die Kinderbibliothek von der gemeinnützigen Freudenberg-Stiftung ins Leben gerufen und vor drei Jahren vom Verein zur Förderung krebskranker Kinder übernommen. In der ehrenamtlichen Bücherausleihe waren ehemalige Lehrerinnen, Ärztinnen und Klinikmitarbeiterinnen tätig. Viele haben mit den Jahren altersbedingt und aus gesundheitlichen Gründen aufgehört, am Ende zählten noch vier Frauen zum Team. „Ich selbst habe mittlerweile mehrere neue Gelenke und bin auf ein drittes Bein angewiesen“, sagt Karin Kleinau und klopft lächelnd auf ihren Krückstock. „Es geht nicht mehr.“ Als sie die letzten der über 1.500 Bücher in Kisten verstaut, um sie an andere Stationen und Einrichtungen zu verteilen, überkommt sie dennoch Wehmut. „Es war eine sehr intensive, sehr schöne Zeit mit lieben Mitstreiterinnen.“ 

Auch Prof. Dr. Jan Däbritz, Leiter der Kinder- und Jugendklinik, bedauert das Ende des Engagements: „Es war ein wertvolles Projekt für unsere Patienten. Ich bin Frau Kleinau und ihrem Team von Herzen für ihren Einsatz dankbar.“ Auch wenn die Ehrenamtlerinnen die Kinderklinik verlassen haben, wird weitergelesen: Viele der Bücher sind nach Gehlsdorf an die Schule für Kranke gewandert, in der junge Patienten der Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter betreut werden. Und auch die Kliniknannys in der Kinderklinik kümmern, halten die Patienten dazu an, ihre Nasen in Bücher zu stecken.