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Chef der Augenklinik operiert Assumbo am Grauen Star

14. September 2015

Prof. Dr. Anselm Jünemann, Leiter der Universitäts-Augenklinik, mit seinem Kollegen Prof. Dr. Oliver Stachs und Zoo-Tierarzt Dr. Jens-Christian Rudnick während der Operation an Assumbo. Quelle: Zoo Rostock

Nachdem im Juni Gorilla-Männchen Gorgo augenärztliche Hilfe bekam, hatte nun auch Silberrücken Assumbo einen Termin bei Prof. Dr. Anselm Jünemann, dem Direktor der Rostocker Universitäts-Augenklinik. Assumbo, der 42-jährige Publikumsliebling im Darwineum, litt unter einer Linsentrübung, dem Grauem Star (Katarakt). Direkt neben dem Gehege wurde ein provisorischer Operationssaal eingerichtet. Dort setzte Jünemann Assumbo künstliche Linsen ein. Bei der ersten Untersuchung stellte der Arzt fest, dass Assumbo kaum noch sehen konnte und maximal noch einen Lichtschein wahrnahm. Das entsprach auch den Beobachtungen der Zoo-Mitarbeiter, die schon seit Längerem die Vermutung hegten, dass das Tier fast blind sei.
„Assumbo war mit etwa minus neun Dioptrin auch stark kurzsichtig“, so Jünemann. „Das haben wir gleich mit behoben.“ Spezielle Linsen wurden eingesetzt. Mit einem Auge kann der Gorilla nun in die Ferne sehen, mit dem anderen alles in der Nähe betrachten. „Assumbos Verhalten hat sich seit seiner OP grundlegend verändert“, stellt Zoo-Kuratorin Antje Zimmermann Tage später fest. „Er kann wieder wie ein waschechter Silberrücken reagieren und die WG dominieren.“
Eine Katarakt-Operation ist unter normalen Bedingungen eher unkompliziert. Einen solchen Eingriff direkt im Zoo und an einem Menschenaffen vorzunehmen, bedeutet allerdings einen hohen logistischen Aufwand, den Prof. Dr. Oliver Stachs, Physiker an der Augenklinik, mit weiteren Mitarbeitern im Vorfeld der Aktion bewältigte. „Firmen stellten uns etwa ein hochmodernes Narkosegerät, ein spezielles Operationsmikroskop und Kunstlinsen kostenlos zur Verfügung“, berichtet Stachs. Zoo-Tierarzt Dr. Jens-Christian Rudnick leitete die komplizierte Anästhesie des Gorillas. Das Team war auch für den Ernstfall gewappnet, hatte alle Utensilien für Notfallmaßnahmen dabei. „Ein Mensch, bei dem sich während eines Eingriffs Komplikationen ergeben, kann schnell in eine andere Klinik verlegt werden, ein Menschenaffe aber nicht“, so Operateur Jünemann.
Während er den Menschenaffen mit hochpräziser Kleinschnitttechnik operierte, hatte er viel Publikum. Unter den Anwesenden war auch ein Tierarzt aus dem Berliner Zoo, der solch einen außergewöhnlichen Eingriff noch nie gesehen hatte. Er war so beeindruckt, dass er gleich anfragte, ob Jünemann für eine derartige OP auch in die Hauptstadt kommen würde. Aus dessen Sicht spricht nichts dagegen.
Das Tierpflegerteam hofft nun, dass sich Assumbo in Folge seines zurückgewonnenen Augenlichts wieder mehr seinen drei Mädels in der Gorilla-WG zuwendet. „Mit etwas Glück klappt es dann doch noch mit Nachwuchs“, sagt Zoo-Kuratorin Antje Zimmermann. Damit könnte der Zoo einen Beitrag zum westeuropäischen Zuchtprogramm leisten.
Das OP-Team blieb so lange, bis der Patient aus der Narkose erwachte. Als er zu Bewusstsein kam, war dem Affen die Überraschung anzusehen. Anselm Jünemann: „Assumbo betrachtete lange seine Hände und ließ dann den Blick durch die Gegend schweifen.“ Ein stiller und besonderer Moment mitten im Tropenhaus.