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Die Wirkung von Paracetamol: Sertürner-Preis für Schmerzforschung geht an Rostocker Pharmakologen

30. April 2008

Professor Dr. Burkhard Hinz, Direktor des Instituts für Toxikologie und Pharmakologie der Universität Rostock, ist zusammen mit dem Erlanger Pharmakologen Professor Dr. Kay Brune mit dem Sertürner-Preis ausgezeichnet worden.

Der nach dem Entdecker des Morphins benannte Preis wird jährlich für herausragende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Schmerztherapie vergeben. 

 

Prämiert wurde eine Studie über das Schmerz- und Fiebermittel Paracetamol, dessen Wirkweise bis heute nicht hinreichend geklärt ist. Die Arbeit wurde im Februar diesen Jahres in der US-Zeitschrift FASEB Journal (Bd. 22, S. 383-90) publiziert und inzwischen in die "Faculty of 1000 Medicine" eingestuft, einer webbasierten wissenschaftlichen Bibliothek, in der besonders wertvolle Erkenntnisse aus dem Bereich der Medizin zusammengeführt werden.

 

In der Arbeit konnte ein seit mehr als drei Jahrzehnten bestehendes pharmakologisches Dogma widerlegt werden: Entgegen der weitverbreiteten These, Paracetamol wirke ausschließlich zentral und habe keinen Einfluss auf die periphere Bildung von schmerzverstärkenden Prostaglandinen, verursachte die Gabe des Arzneimittels an gesunde Probanden eine starke Hemmung des Prostaglandin-bildenden Enzyms Cyclooxygenase-2 (COX-2) in peripheren Blutzellen. Die COX-2 gilt als Schlüsselmolekül bei der Entstehung von Entzündungen und Schmerzen. 

 

Zudem war die Gabe von Paracetamol mit einer nur geringen Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase-1 (COX-1) verbunden, das eine Schutzwirkung auf die Magenschleimhaut ausübt. Dies kann als Ursache für die bei Paracetamol im Vergleich zu anderen Schmerzmitteln (z.B. Acetylsalicylsäure und Ibuprofen) deutlich weniger ausgeprägten Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt angesehen werden. 

 

Die Arbeit macht aber auch auf potentielle, bisher unterschätzte Risiken von Paracetamol aufmerksam. So hat eine Reihe klinischer Studien in den letzten Jahren gezeigt, dass die durch Langzeitgabe von selektiven COX-2-Hemmern (z.B. Celecoxib) oder klassischen Schmerzmitteln (z.B. Diclofenac in antirheumatischer Dosierung) ausgelöste COX-2-Hemmung in den Blutgefäßen mit kardiovaskulären Nebenwirkungen einhergeht. „Auf Basis der für Paracetamol nachgewiesenen COX-2-Hemmung sollte nun auch dieses Schmerzmittel einer kritischen Analyse hinsichtlich seines kardiovaskulären Risikopotentials unterzogen werden“, unterstreicht Professor Hinz. In der Tat gibt es Hinweise, dass Vorsicht geboten ist: In unlängst publizierten prospektiven Kohortenstudien führte die langfristige und häufige Einnahme von Paracetamol zu einer den traditionellen Schmerzmitteln vergleichbaren Blutdruckerhöhung und Rate unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse.