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Einsatz im Zoo: Augenarzt behandelt Gorilla „Gorgo“

08. July 2015

„Gorgo“ auf der Untersuchungsliege: Prof. Jünemann inspiziert seine Augen.

Hornhauttrübung heilt nun ab / „Assumbo“ wird der nächste Patient

Der Mensch stammt vom Affen ab. Davon konnte sich Prof. Dr. Anselm Jünemann gerade höchstpersönlich überzeugen. Der Leiter der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Rostock wurde jüngst zu einem äußerst ungewöhnlichen Patienten gerufen: dem 165 Kilo schweren Gorilla „Gorgo“ im Rostocker Zoo.

Tiefpfleger und -ärzte standen vor einem Problem: Seit letztem Dezember kniff Gorgo immer wieder seine Augen zusammen – ohne Anzeichen für eine mögliche Ursache. „Also hat mich Dr. Jens-Christian Rudnick, Leiter der Tierklinik, angerufen und in den Zoo gebeten“, berichtet Jünemann. Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Oliver Stachs prüfte er die Augen des narkotisierten Tiers. „Wir wussten nicht, was uns erwartet und haben erst einmal viel Ausrüstung mitgenommen.“ Zwei Stunden dauerte die Untersuchung. Die Mediziner machten Abstriche vom Auge und prüften, ob sie Unregelmäßigkeiten ausfindig machen konnten, die Gorgos Probleme erklären würden. Beim Ausmessen der Augen staunten die Experten nicht schlecht: „Das Auge des Gorillas ist fast identisch mit dem menschlichen“, so Jünemann. „Es ist zwar etwas länger als unseres. Aber alle anderen Parameter stimmen überein. Da sieht man schon: Wir gehören zusammen.“

Trotz aller Gemeinsamkeiten – in der Behandlung tierischer und menschlicher Patienten gibt es für Jünemann große Unterschiede: „So einen Gorilla kann man nicht wach untersuchen. Und er erzählt einem auch nicht, wo genau der Schuh drückt.“ Am ehesten sei das noch mit der Untersuchung von Kindern zu vergleichen. „Die reden meist auch nicht so viel.“

Nach ausgiebigen Tests kamen die Mediziner schließlich zu einem Ergebnis: Das rechte Auge des Gorillas machte einen gesunden Eindruck. Hintergrund, Sehnerv, Netzhaut waren in gutem Zustand. Im linken Auge entdeckten sie jedoch eine Hornhauttrübung. „Eine nicht ungewöhnliche Erkrankung, die erklären könnte, warum „Gorgo“ so viel blinzelte“, sagt Jünemann. Normalerweise verschreibt er seinen Patienten dafür Augentropfen. „Aber Gorillas sind mächtige Tiere, die sich nicht einfach hinsetzen und sich das in aller Ruhe gefallen lassen.“ Also gab es für „Gorgo“ eine Verbands-Kontaktlinse, damit die Hornhaut nicht vom Augenlid gereizt wird und abheilen kann. Eine Besserung trat jedoch zuerst nicht ein. „Die Tierpfleger im Zoo hatten dann eine clevere Idee, wie sie Gorgo die Augen einsalben können“, erzählt der Arzt. „Mit einem leckeren Getränk lässt er sich ganz brav ans Gitter locken.“

Und siehe da, Gorgo geht es besser, bei der Nachuntersuchung traf Jünemann auf einen fidelen Gorilla, der mit klarem Blick durchs Gehege streifte. Die Zoo-Leitung schätzt die Kooperation mit der Unimedizin besonders bei heiklen Untersuchungen. „Wenn es um unsere Menschenaffen geht, greifen wir gern auf Spezialisten der Humanmedizin zurück“, erzählt Zoo-Kuratorin Antje Zimmermann. „Für die wertvollen Gorillas gibt uns diese Zusammenarbeit ein Gefühl von Sicherheit.“

Für Jünemann war der Affe nicht der erste tierische Patient: „Meine Frau besitzt Katzen. Der älteste Kater litt an Diabetes, bei dem musste ich immer mal Blut aus dem Ohr abnehmen. Eine Katze schielt, ganz süß.“ In den nächsten Wochen wird der Klinikleiter noch einmal im Zoo nach seinem Patienten sehen. Im Herbst hat dann Gorilla-Kollege „Assumbo“ einen Termin beim Augenarzt. „Den müssen wir am Grauen Star operieren.“