Als Schüttellähmung wird sie im Volksmund bezeichnet, die Parkinson-Erkrankung, bei der es im Gehirn der Betroffenen über Jahre hinweg zum Absterben von Nervenzellen kommt. Die Folgen sind unter anderem Muskelsteifheit und Zittern, genannt Rigor und Tremor. Medikamente lindern die Beschwerden zwar anfangs, jedoch sprechen im Laufe der Zeit viele Patienten immer schlechter darauf an und leiden zunehmend unter Überbewegungen. Entlastung bietet die Therapie mit der Tiefenhirnstimulation, die jetzt wieder an der Universitätsmedizin Rostock angeboten wird.
„Bei der Tiefenhirnstimulation setzen wir dem Patienten in einer Operation dünne Sonden in der Tiefe des Gehirns ein“, erklärt Dr. Matthias Löhle, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Unimedizin. „Die Sonden sind über ein Kabel mit einem Impulsgeber in der Brust verbunden - ähnlich einem Herzschrittmacher. Er sendet Stromimpulse, die das Zielgebiet im Gehirn beeinflussen und so ihren therapeutischen Effekt entfalten.“ Die Stärke der Stimulation stellt Löhle nach der Operation in der Klinik ein und passt sie immer weiter an. „So erzielen wir den besten Effekt und können die Lebensqualität unserer Patienten langfristig bessern.“
Sehr gut gehe es ihm heute, sagt Parkinson-Patient Wolfgang Pagels erleichtert. Ende April hat er ein Tiefenhirnstimulations-System erhalten. Schon zwei Wochen später hat er abends keine Tablette mehr nehmen müssen, um die Nacht ohne Beschwerden zu überstehen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren. „2005 habe ich die Diagnose Parkinson erhalten“, erzählt er. „Die Steifheit habe ich anfangs mit Tabletten noch gut in den Griff bekommen. Dann kamen die Überbewegungen dazu.“ Zuletzt habe er nicht mehr vernünftig laufen können, sagt der 62-Jährige. „In meinem kleinen Garten habe ich nur noch auf der Terrasse herumgesessen. Furchtbar.“
Acht Stunden hat der Eingriff, der über eine Kooperation unter Rostocker Beteiligung in Greifswald durchgeführt wurde, gedauert. „Der Patient ist dabei wach“, erklärt Dr. Löhle. „Wir überprüfen direkt in der Operation, ob die Sonden im Gehirn richtig platziert werden. Wenn ja, hört das Zittern auf. Das sehen wir nur, wenn der Patient nicht betäubt ist.“ Dass er beim Eingriff wach war, weiß Wolfgang Pagels heute nicht mehr. „Ich erinnere mich nicht daran. Aber es scheint geklappt zu haben - den Effekt spüre ich deutlich.“ Ganz wird der Rostocker auch künftig nicht auf seine Tabletten verzichten können. „Die Tiefenhirnstimulation ist keine Heilung der Erkrankung und auch kein Ersatz für Medikamente“, sagt Löhle. „Aber sie können dadurch deutlich reduziert werden.“
Mittlerweile hat Wolfgang Pagels die Klinik verlassen. Bevor es zur Reha geht, verbringt er ein paar ruhige Tage zu Hause bei seiner Familie. „Ein Enkelkind hat am Wochenende Jugendweihe“, sagt er. „Und ich werde hingehen.“