Die Herzmedizin steht vor einer großen Herausforderung. Mit zunehmender Lebenserwartung und steigenden Zahlen für Bluthochdruck, Diabetes und Adipositas nimmt die sogenannte „Herzinsuffizienz“ oder „Herzmuskelschwäche“ in der Bevölkerung stetig zu. So leiden in Deutschland bereits 2,5 bis 4,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung an Herzinsuffizienz, was etwa 2 bis 3,6 Millionen Patienten entspricht.
Wie eine kürzlich im Fachmagazin Nature Medicine veröffentlichte Studie zeigt, ist körperliches Training eine erfolgreiche Ergänzung zur medikamentösen Therapie bei Herzinsuffizienz. Die Veröffentlichung ist in Kooperation zwischen der Charité Berlin, der Technischen Universität München, der Universität Leipzig, und der Universitätsmedizin Rostock entstanden, Ansprechpartner an der Universitätsmedizin Rostock ist Prof. Dr. med. Burkert Pieske, Klinische Abteilung für Kardiologie.
Wie zeigt sich eine Herzinsuffizienz?
Typische Symptome der Herzinsuffizienz sind Leistungsschwäche, Atemnot unter körperlicher Belastung oder Wassereinlagerungen, beispielsweise sichtbar an geschwollenen Unterschenkeln (Unterschenkelödemen). Die Ursache für Herzinsuffizienz ist eine verminderte Förderleistung des Herzens; es wird zu wenig sauerstoffreiches Blut in die Körperorgane transportiert, und das Blut staut sich in der Lunge.
Zwei Arten der Herzinsuffizienz werden unterschieden
Es werden zwei Formen der Herzinsuffizienz unterschieden: Bei der Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffunktion (Heart Failure with Reduced Ejection Fraction; HFrEF) ist die Auswurfleistung des in der Regel vergrößerten Herzens durch eine verminderte Kraftentwicklung der Herzkammern eingeschränkt, wie sie beispielsweise nach einem Herzinfarkt auftreten kann. Bei der zweiten Form, der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffunktion (Heart Failure with Preserved Ejection Fraction; HFrEF), ist die Kraftentwicklung der Herzkammern erhalten, allerdings sind die Herzwände versteift und die Herzkammern oft verkleinert. Dadurch kann sich das versteifte Herz während jeder Entspannungsphase mit Blut füllen.
Die Beschwerden der Betroffenen sind bei beiden Herzinsuffizienzformen gleich, aber Ursachen und auch Behandlung unterscheiden sich. Auch die Prognose ist bei beiden Erkrankungsformen ähnlich ungünstig: Mehr als die Hälfte dieser Patienten versterben innerhalb der nächsten fünf Jahre, was die Gefährlichkeit der Erkrankung unterstreicht. Daher sind eine frühzeitige Diagnose und adäquate Therapie entscheidend, um die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu verbessern.
Körperliches Training zusätzlich zu Medikamenten bei Herzinsuffizienz?
Eine Kombinationstherapie aus unterschiedlichen Medikamenten ist bei der Herzinsuffizienz etabliert, wobei es für HFpEF deutlich weniger Behandlungsoptionen gibt. Körperliches Training könnte in Ergänzung eine mögliche Strategie sein, um die klinische Situation der betroffenen Menschen zu verbessern.
Aussagekräftige klinische Studien zu körperlichem Training, welches Ausdauer- und Krafttraining kombiniert, fehlen allerdings bisher. Deshalb wurde unter der Führung von Wissenschaftlern der Technischen Universitäten München, der Universität Leipzig, der Universitätsmedizin Rostock und der Charité Berlin die Ex-DHF-Studie (Exercise training in Diastolic Heart Failure Study) initiiert und durchgeführt, und von der Deutschen Forschungs¬gemeinschaft (DFG) finanziell gefördert. In dieser Studie wurde die die Wirksamkeit von körperlichem Training bei HFpEF erstmals in einer ausreichend großen Population mit langer Interventionszeit untersucht. Die Studienergebnisse wurden nun am 2. Januar 2025 in einem der führenden internationalen medizin-wissenschaftlichen Fachzeitschriften, Nature Medicine, publiziert (Nat Med 2025. Doi:10.1038/s41591-024-03342-7.)
Ergebnisse der ExDHF-Studie
Ex-DHF Studie randomisierte 322 Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) mit eingeschränkter körperlicher Belastbarkeit (Herzinsuffizienzstadien NYHA-Stadium II oder III). Die Hälfte der Patienten erhielt zusätzlich zur Standardtherapie ein strukturiertes und supervidiertes kombiniertes Ausdauer- und Krafttraining. Die Studie wurde an elf Studienzentren in Deutschland und Österreich durchgeführt. Das von Sportwissenschaftlern angeleitete Training in der Trainingsgruppe bestand im ersten Monat aus Fahrradergometer für 30 Minuten an drei Tagen/Woche und wurde im Verlauf der Studie auf 3x60 Minuten/Woche gesteigert. Nach vier Wochen wurde zusätzlich ein Krafttraining für die großen Muskelgruppen integriert.
Der primäre Endpunkt der Studie nach zwölf Monaten war ein klinischer kombinierter Endpunkt, der „modifizierte Packer Score“, in den die sechs Komponenten Sterblichkeit, Krankenhauseinweisungen wegen Herzinsuffizienz oder Training, maximale Belastbarkeit in der Ergometrie gemessen als maximale Sauerstoffaufnahme, die diastolische Herzfunktion bzw. Steifigkeit des Herzmuskels im Herzultraschall, die subjektive Belastbarkeit (NYHA-Klasse) und die globale Selbsteinschätzung der Lebensqualität eingingen. Dieser Score war nach 12 Monaten zwischen der Trainingsgruppe und der Standardtherapie nicht signifikant unterschiedlich, aber einzelne Komponenten, wie die körperliche Leistungsfähigkeit, wurden signifikant verbessert. Je konsequenter die Patienten am Training teilgenommen hatten, desto ausgeprägter war die Verbesserung der Beschwerden (NYHA-Klasse) und der objektiven körperlichen Belastbarkeit (maximale Sauerstoffaufnahme). Dieser Effekt von Training entstand zusätzlich zur optimalen leitliniengerechten Therapie mit Medikamenten.
Fazit
Ein kombiniertes körperliches Training aus Ausdauer- und Krafttraining verbessert die körperliche Belastbarkeit von Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion, allerdings muss das Training konsequent mindestens 2x/Woche umgesetzt werden, damit sich die Effekte auch langfristig einstellen. Neben Medikamenten sollte somit unbedingt ein entsprechendes Training als Standard integriert werden. Ärzte sollten angehalten werden ein entsprechendes Training zu verordnen und Krankenkassen dieses zu finanzieren. Die Ex-DHF-Studie hat gezeigt, dass Ärzte, Krankenkassen und Patienten umdenken müssen, wenn es um eine ganzheitliche Therapie geht, nicht nur in der Kardiologie.
Studienkoordination und Ansprechpartner:
Die primär verantwortlichen Wissenschaftler sind Prof. Frank Edelmann (Charité Berlin), Prof. Rolf Wachter (Universitätsmedizin Leipzig), Prof. Burkert Pieske (Universitätsmedizin Rostock), Univ.-Prof. Martin Halle (TU München).