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Mangelernährung und Muskelschwund: Junge Forscherinnen geben mangelernährten Patienten Lebensqualität zurück

18. September 2020
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Die Nachwuchswissenschaftlerinnen Dr. Karen Bannert (l.) und Dr. Luise Ehlers erforschen neue Diagnostiken und Therapien bei schweren Magen-Darm-Erkrankungen.

Diagnostik-Set und Therapie für Patienten mit chronischen Magen-Darm-Erkrankungen / Verbundprojekt EnErGie fördert Nachwuchs

Rostock – Mangelernährung und Muskelschwund sind typisch für fortgeschrittene Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Der Leidensdruck der Patienten ist hoch und die Therapiemöglichkeiten sind begrenzt. Rund 50.000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an krankheitsbedingter Mangelernährung.

Um die Beschwerden der schwerkranken Menschen zu lindern und ihnen eine bessere Aussicht auf Genesung und damit mehr Lebenszeit zu schenken, erforschen die Nachwuchswissenschaftlerinnen Dr. Karen Bannert und Dr. Luise Ehlers von der Abteilung für Gastroenterologie an der Unimedizin Rostock in dem Verbundprojekt EnErGie neue Methoden zur Diagnostik und Therapie von mangelernährten Patienten.

Leberzirrhose, chronische Pankreatitis und Kurzdarmsyndrom sind drei häufige Krankheiten, bei denen sich eine krankheitsbedingte Mangelernährung im Körper bemerkbar macht. „Leider werden Mangelernährung und Muskelschwund häufig erst sehr spät im Krankheitsverlauf bemerkt, eine Behandlung ist dann sehr schwierig“, sagt Prof. Dr. Robert Jaster, Co-Projektleiter und Leiter des Forschungslabors für Gastroenterologie. In verschiedenen Studien wollen die beiden Forscherinnen herausfinden, wie die Mangelernährung bei den unterschiedlichen Magen-Darm-Erkrankungen entsteht, um aus dem besseren Ursachenverständnis heraus neue Therapieansätze zu entwickeln.

„Außerdem entwickeln wir ein Diagnostik-Standard-Set zur frühzeitigen Erkennung mangelernährter Patienten“, erklärt Bannert. Dabei werden beim Patienten regelmäßig die Muskelkraft, die Körperzusammensetzung, Blutparameter und Körpermaße wie zum Beispiel der Oberarmumfang untersucht. Die Wissenschaftler schauen sich außerdem die Ernährung des Patienten und das soziale Umfeld an. Die Patienten erhalten dann eine abgestimmte Ernährungstherapie und werden auch nach ihrem Klinikaufenthalt intensiv betreut. „Erste Ergebnisse zeigen, dass es vielen Patienten, die unsere Studie über mehrere Monate durchlaufen haben, besser geht und sie an Lebensqualität zurückgewinnen“, sagt Bannert.

Die Wissenschaftler sind auf das Durchhaltevermögen der Patienten angewiesen. Erkrankte müssen ihre Lebensgewohnheiten umstellen und sich an die Anweisungen der behandelnden Mediziner und kooperierenden Ernährungswissenschaftler halten. „Unsere Patienten sind zu Hause auf sich gestellt, das ist für sie und uns eine große Herausforderung“, sagt Bannert. In regelmäßigen Telefonaten fragen die Forscher deshalb zusätzlich das Befinden der Patienten ab und sind auch sonst für ihre Sorgen und Nöte da.

Weitere Studien sollen die humanen Daten ergänzen. „Analog zu den genannten Untersuchungen am Menschen erheben wir ein sehr ähnliches Datenset an experimentellen Modellen – für jede genannte Erkrankung eines“, sagt Ehlers. Zusätzliches Material, was an Menschen nicht gewonnen werden kann, soll die Etablierung einer geeigneten Diagnostik unterstützen.

Dr. Karen Bannert und Dr. Luise Ehlers kennen sich bereits seit ihrem Studium an der Unimedizin Rostock. Sie sind ein eingespieltes Team und wollen sich auch langfristig mit der Ernährungsmedizin befassen. „Das Verbundprojekt bietet für unsere beiden Nachwuchsforscherinnen ideale Möglichkeiten, sich weiter zu qualifizieren. Erfreulich ist auch, dass wir dadurch die Kompetenz in dem Bereich stärken und in der Region verankern können“, betont Prof. Dr. Georg Lamprecht, Leiter der Abteilung für Gastroenterologie und Koordinator des Verbundprojektes.

Der Bereich der Ernährungsmedizin ist noch relativ wenig erforscht und die Zahl der Patienten, die von einer auf sie abgestimmten Ernährungstherapie profitieren könnten, sei enorm, so Lamprecht.

Über das Verbundprojekt EnErGie:

In dem Verbundprojekt EnErGie „Enterale Ernährung bei Malnutrition durch Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: vom Grundlagenverständnis zum innovativen Behandlungskonzept“ forschen die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Kollegen der Universitätsmedizin Rostock zusammen mit Partnern der Universitätsmedizin Greifswald, dem Leibniz-Institut für Nutztierbiologie und der Hochschule Neubrandenburg. Das Verbundprojekt dient der Nachwuchsförderung in exzellenten Forschungsverbünden und wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert.