Eine weltweit einmalige Studie hat Dr. Peer Kämmerer, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Rostock, durchgeführt. Untersucht wird dabei, wie das Risiko bei Eingriffen am Zahn gesenkt werden kann. Dafür wurde er jetzt mit dem ersten Preis des Europäischen Verbands für die Förderung der Anästhesie in der Zahnmedizin (EFAAD) geehrt. Die Auszeichnung erhielt Kämmerer auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Berlin.
„Damit der Patient bei Zahnbehandlungen keine Schmerzen empfindet, bekommt er ein lokales Betäubungsmittel“, erklärt Kämmerer. „Bei dem Medikament, das hierzulande vor allem bei der Entfernung von Zähnen eingesetzt wird, besteht aber der Verdacht, dass es zu Nervenschäden führen kann.“ In den skandinavischen Ländern etwa werde es daher nur eingeschränkt genutzt. „Dabei wirkt es deutlich besser als vergleichbare Produkte.“ Das Medikament wird dem Patienten in vierprozentiger Konzentration zugeführt. „Wir wollten überprüfen, ob auch zwei Prozent ausreichen, um Schmerzen zu unterdrücken, dafür aber Komplikationen zu vermeiden.“
In der Studie, an der neben Rostock die Universitäten Mainz und Chisinau in Moldawien beteiligt waren, wurden Patienten mit dem geringer konzentrierten Wirkstoff behandelt. Das Ergebnis: Das Medikament wirkte genauso gut wie das höher dosierte. „Die Patienten empfanden während der Behandlung keine Schmerzen. Und die Betäubung ließ schon nach zwei Stunden nach statt wie zuvor erst nach vier Stunden“, sagt Kämmerer. Das Ziehen eines Zahns dauere in der Regel maximal eine halbe Stunde. „Es ist also nicht notwendig, sondern für den Patienten eher störend, dass eine Betäubung so lange anhält.“ Kämmerer geht auch davon aus, dass durch die geringere Konzentration die Nerven weniger gefährdet sind.
Bereits im Juni war Kämmerer mit dem mit 2500 Euro dotierten Günther-Haenisch-Preis für den besten wissenschaftlichen Beitrag geehrt worden. Er hatte nach verbesserten Materialien bei Eingriffen am Unterkiefer gesucht. „In der Gesichtschirurgie müssen wir manchmal ganze Knochen oder Knochenteile entfernen“, so der Arzt. Zur Überbrückung werden Titanplatten eingesetzt. „Dabei kommt es nicht selten vor, dass das Titan bricht, sich Schrauben lockern oder die Platten schon nach kurzer Zeit durch das Weichgewebe nach außen durcharbeiten.“ Im Tiermodell erprobte Kämmerer eine spezielle Titanlegierung und eine innovative Methode der Oberflächenbehandlung von Titanplatten. Das so entstandene Metall ziehe Knochengewebe an und führe dazu, dass entlang des Implantats neue Knochen gebildet würden. „Der Ansatz könnte langfristig zu neuen Behandlungsmöglichkeiten führen“, so Kämmerer. „Dann würden nicht nur die Gesichtschirurgie, sondern alle chirurgischen Disziplinen, bei denen Implantate in Knochen gesetzt werden, profitieren.“