Seit 2005 werden am Universitätsklinikum Rostock Patienten mit bösartigen Hirntumoren durch ein neues Behandlungssystem therapiert.
Die jetzt vorliegenden Behandlungsergebnisse belegen: Die Therapie verbessert die Überlebenschancen der Patienten und wirkt sich positiv auf den Krankheitsverlauf aus. Bei der so genannten interkavitären Radiotherapie findet die Bestrahlung des Tumors direkt vor Ort durch das Einbringen radioaktiver Substanzen statt. Bisher wurden in Rostock 13 Patienten auf diese komplizierte, aber hochwirksame Weise behandelt. In Rostock wurden auf diese Weise sogar bessere Behandlungsergebnisse erzielt als in den USA.
Bei der in Rostock angewandten interkavitären Radiotherapie erfolgt die Bestrahlung durch eine radioaktive Substanz, die am Ort des zuvor entfernten Tumors wirksam wird. „Auf diese Weise soll ein Nachwachsen des Tumors nachhaltig verhindert, die Überlebensdauer der Patienten verlängert werden“, sagt Professor Dr. Jürgen Piek, Leiter der Abteilung für Neurochirurgie. Am Universitätsklinikum Rostock wird dieses Verfahren als Standardtherapie bei Rezidiven (erneutes Tumorwachstum) eingesetzt. Bestimmte Formen der Hirntumoren (Glioblastoma multiforme) gehören zu den bösartigsten Tumoren des Erwachsenenalters überhaupt. Trotz Operation, Strahlen- und Chemotherapie überlebt lediglich ein Viertel der Patienten länger als zwei Jahre, so Professor Piek. Die meisten Patienten erleiden ein erneutes Wachstum des Tumors (Rezidiv), wobei nach internationalen Erfahrungen die mittlere Überlebenszeit trotz erneuter Operation dann weniger als halbes Jahr beträgt. 70 Prozent der Patienten versterben innerhalb des ersten Jahres, nachdem ein solches Rezidiv aufgetreten ist.
Aus diesem Grunde bemühen sich weltweit sämtliche neurochirurgischen Kliniken um zusätzliche Behandlungsverfahren, welche die Prognose dieser Patienten verbessern können. Als besonders effektiv hat sich unter diesen Zusatztherapien die sogenannte interkavitäre Radiotherapie mit Jod-125 (Gliasite RTS TM) erwiesen. Bei diesem Verfahren wird dem Patienten nach der Entfernung seines Rezidiv-Hirntumors ein Ballonkatheter in die Tumorhöhle implantiert, welcher anschließend mit radioaktiver Flüssigkeit gefüllt wird und so die eventuell verbliebenen Tumorreste am Rand der Resektionshöhle gezielt und nebenwirkungsarm bestrahlt und so ein Nachwachsen des Tumors verzögern oder gänzlich verhindern soll.
Durch die am Klinikum Rostock durchgeführte Behandlung konnte die Ein-Jahres-Überlebensrate nach Auftreten des Tumorrezidivs auf über 60 Prozent gesteigert werden, die mittlere Überlebenszeit der seit 2005 behandelten 13 Patienten beträgt mittlerweile 69 Wochen. Ermöglicht wurden diese Behandlungserfolge durch die enge Kooperation im Klinikum zwischen den Abteilungen und Kliniken für Neurochirurgie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie. „Mit dem Erfolg dieser Therapie liegt unsere Arbeitsgruppe sogar deutlich über den Behandlungsergebnissen, die unlängst in einer großen Studie in den USA erzielt worden sind“, sagt Professor Piek. „Wir werden damit diese Patienten sicherlich nicht definitiv heilen können, das kann zur Zeit niemand. Aber wir können den Patienten in dieser hoffnungslosen Situation ein zusätzliches risikoarmes Behandlungsverfahren anbieten, das nach den bisherigen Daten ihre Lebenserwartung weiter deutlich verlängert und ihre Lebensqualität nicht beeinträchtigt.“