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Neues Konzept zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten

02. May 2024
Junger Mann mit Bart sitzt vor einem Mikroskop und schaut in die Kamera

Dr. Moritz Jansson untersucht Zellkulturen am Mikroskop

Junger Mann mit Bart schaut auf ein Plättchen mit Proben

Dr. Moritz Jansson bearbeitet Zellkulturen an der Sterilwerkbank.

Wissenschaftler der Unimedizin Rostock finden neuen Therapieansatz

Jedes Jahr sterben weltweit tausende Menschen an Lungenentzündungen. Ursache für die bakterielle Infektionskrankheit sind häufig Pneumokokken. Durch die zunehmende Bildung von Resistenzen gegenüber herkömmlichen Antibiotika müssen neue Therapieansätze gefunden werden. Wissenschaftler der Unimedizin Rostock haben sich auf Spurensuche begeben und ein innovatives Konzept zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten entwickelt. Dabei wurden zwei vielversprechende Ansätze miteinander verbunden: Eine Kombination der so genannten Bakteriophagen-Endolysine und der mRNA-Technologie, die bereits in einigen Corona-Impfstoffen eingesetzt wird. Die Ergebnisse der aktuellen Studie wurden kürzlich im Fachjournal Molecular Therapy-Nucleic Acids von Dr. Moritz Jansson, gemeinsam mit Privatdozentin Dr. Nadja Patenge und Prof. Dr. Bernd Kreikemeyer vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene veröffentlicht. Auch die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie hat den veröffentlichten Forschungsansatz prämiert.

Bei Bakteriophagen handelt es sich um Viren, die Bakterien befallen und sich in ihnen vermehren. Am Ende ihres Teilungszyklus zersetzen sie die Bakterien anhand von Endolysinen. Dies sind spezielle Enzyme, die die Zellwände des Wirts zerstören. „Die Enzyme werden vor Verabreichung klassischerweise im Labor produziert, aber die Anwendung ist mit Herausforderungen verbunden. Unsere Forschergruppe hat nun gezeigt, dass die Endolysine auch durch menschliche Zellen produziert werden können“, erklärt Dr. Moritz Jansson. In seinem Forschungsprojekt wurde ein Bakteriophagen-Endolysin durch eine mRNA kodiert, die menschlichen Zellen als Bauanleitung für das Endolysin diente. Die menschlichen Zellen konnten damit das Endolysin, welches gegen Pneumokokken wirkt, selbst herstellen. „Dadurch können sich menschliche Zellen vorübergehend gegen bakterielle Infektionserreger schützen oder diese im Fall einer Infektion ausschalten. Dieses Konzept könnte eine neue Strategie gegen multiresistente Keime bedeuten“, ergänzt die Wissenschaftlerin Dr. Nadja Patenge.

Die beiden vielversprechenden Technologien wurden so bisher noch nicht miteinander kombiniert. „Die Proteine können gezielt an der richtigen Stelle eingesetzt werden, ohne auf dem Weg dorthin ausgeschieden oder zerstört zu werden. Einmal in den Zielzellen angekommen, löst die mRNA über mehrere Stunden bis Tage die körpereigene Produktion der gewünschten Substanzen aus“, fügt der Bakteriologe Prof. Dr. Bernd Kreikemeyer hinzu. In einer ersten Studie konnten die Wissenschaftler das Prinzip beweisen. Nun geht es darum, die gezielte Verabreichung weiterzuentwickeln. In einem nächsten Schritt wird daher erforscht, ob die Methode zur gezielten Behandlung von Pneumokokkeninfektionen genutzt werden kann, um lebensbedrohliche Krankheitsverläufe zu verhindern.

„Die Forschungsarbeit ist ein bahnbrechender Beitrag zur medizinischen Wissenschaft und bietet eine innovative Lösung für die Behandlung von ernstzunehmenden Lungenentzündungen, die durch Pneumokokken ausgelöst werden“, erklärt Prof. Dr. Emil Reisinger, Infektiologe und Dekan der Unimedizin Rostock. Er unterstreicht die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), die eine Impfung gegen Pneumokokken für Menschen ab 60 Jahren empfiehlt.

Zum Artikel: https://www.cell.com/molecular-therapy-family/nucleic-acids/fulltext/S2162-2531(24)00032-5