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Oft liegt es an den Genen

22. April 2021
Porträt Prof. Dr. Steffen Emmert

Prof. Dr. Steffen Emmert engagiert sich als Sprecher des Zentrums für Seltene Erkrankungen an der Unimedizin Rostock

Detektivarbeit im Zentrum für Seltene Erkrankungen

Hautveränderungen, neurologische und psychiatrische Probleme, Skelettverformungen, Muskelschwäche, Funktionseinschränkungen von Organen, Blutprobleme, Autoimmun-störungen – seltene Erkrankungen haben häufig chronische, ernste Krankheitsbilder, die fortschreiten und auch lebensbedrohend sein können. Viele Betroffene warten Jahre auf eine Diagnose, bevor ihr Leiden einen Namen bekommt.

Als selten gilt in Europa eine Krankheit, wenn weniger als 5 von 10.000 Personen betroffen sind, alleine in Deutschland sind das allerdings insgesamt ca. 4 Millionen Menschen. Heute geht man davon aus, dass 80% der seltenen Erkrankungen eine genetische Ursache haben. Genforschung und auch Gentherapie sind nur deshalb möglich, weil die Entschlüsselung der DNA im Jahr 1953 den Aufbau des Erbgutträgers als Doppelhelix verständlich machte. Durch medizinische Grundlagenforschung sind inzwischen über 3.000 Gene bekannt, die mit seltenen Krankheiten in Zusammenhang gebracht werden.

An der Rostocker Unimedizin ist das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSE) auf die Versorgung Betroffener spezialisiert. Prof. Dr. Steffen Emmert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, engagiert sich als Sprecher des ZSE und betont den multiprofessionellen Ansatz: „Für die Diagnostik ist es oft unerlässlich, dass verschiedene Spezialisten zusammenarbeiten. In Fallkonferenzen besprechen wir das Erkrankungsbild und suchen gemeinsam nach dem richtigen Weg für den Patienten. Dabei greifen wir auf alle diagnostischen Verfahren zurück, die in der Uniklinik zur Verfügung stehen und suchen nach innovativen Behandlungsmöglichkeiten.“ Ein großes Interesse an „schwierigen“ Fällen ist dabei allen Ärzten eigen, die im ZSE zusammenarbeiten. „Wir nutzen auch die Möglichkeit, auf internationale Forschungsergebnisse zuzugreifen und uns in Forschungsaktivitäten einzubringen, um unsere Kenntnisse über seltene Erkrankungen zu erweitern und neue Therapieansätze zu finden“, beschreiben Prof. Dr. Dr. Hermann und PD Dr. Kamm, beide stellvertretende Sprecher des ZSE und Oberärzte der Klinik für Neurologie, die interdisziplinäre Arbeit im Team.

Doch auch die richtige Diagnose bietet bei genetisch verursachten Erkrankungen häufig noch nicht die Möglichkeit, eine heilende Therapie anzubieten, obwohl auf dem Gebiet der Gentherapie in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt und einige Medikamente neu zugelassen wurden. Dennoch fehlen für viele genetisch bedingte Erkrankungen noch geeignete Medikamente, und es existieren nur wenige spezialisierte Behandlungszentren. Trotzdem gibt es viele Möglichkeiten, die Patienten so zu versorgen, dass sie besser mit ihrer Krankheit leben können. Das Zentrum für Seltene Erkrankungen der Unimedizin Rostock bietet betroffenen Patienten und ihren Familien deshalb auch eine psychosoziale Betreuung an und arbeitet eng mit Patienten-Selbsthilfeorganisationen zusammen.