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Psychiatrie in Europa hat viele Gesichter

22. March 2017

Einige der Besucher aus ganz Europa, die derzeit in Rostock weilen, auf dem Gelände des Gehlsdorfer Zentrums für Nervenheilkunde. Foto: privat

Austauschprogramm für Berufsnachwuchs

Im Rahmen eines Austauschs besuchen 15 Gäste aus Belgien,Griechenland, Island, Luxemburg, Rumänien und Spanien dieser Tage für eine Woche die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Rostock.

Das Projekt “TuTo” wurde im Rahmen des Europäischen Austauschprogramms „Erasmus+“ ins Leben gerufen. Junge in der Psychiatrie Tätige sollen ihren Blick für die Erfahrungen ihrer Berufskollegen in anderen Ländern öffnen, Ideen aufnehmen und ihreQualifikationen ausbauen. Nebenbei erhöht sich die Attraktivität des Berufsfelds Psychiatrie. „Die jungen Menschen sind an ihrer eigenen beruflichen Entwicklung aktiv beteiligt“, sagt der Belgier Jocelyn Deloyer, der das Projekt koordiniert. Über die dreijährige Projektlaufzeit erhöhte sich die Zahl der Teilnehmer, darunter Krankenpfleger, Therapeuten, Sozialarbeiter und Forscher, ständig. 2015 begaben sich noch 27 Menschen auf berufliche Erkundungstour durch Europa, für 2017 liegt die Zahl der Wissbegierigen schon bei 50.

30 Trainingsorte in zehn europäischen Ländern erwarten sie. Sieben Länder wie Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich oder Rumänien entsenden bereits Mitarbeiter, vier weitere, darunter Portugal und Serbien, haben Interesse bekundet, sich dem Austausch im Rotationsprinzip anzuschließen. Rostock als einzige beteiligte deutsche Klinik und Luxemburger Kollegen begleiten das Projekt wissenschaftlich.

In der Hansestadt erwartet die jungen Leute ein buntes Programm. Sie kommen mit Kollegen zusammen, diskutieren, besuchen mehrere klinische Einrichtungen, bekommen aber auch Kultur und Lokalkolorit geboten.

Prof. Dr. Johannes Thome, Rostocker Psychiatrie-Chef, und seine Mitarbeiter haben bei Austauschen mit den anderen Ländern schon Unterschiede ausgemacht. „Fixierung etwa wird in Deutschland häufiger angewandt; in Ländern wie Großbritannien hingegen kommen eher sogenannte time-out-Räume zum Einsatz, in denen sich Patienten beruhigen können.“ In Belgien laufe die psychiatrische Versorgung stärker über Pflegekräfte, während der Arzt vor allem für die Medikation zuständig ist. Und in Luxemburg sei die Tiertherapie im Kommen; als idealer Partner für Patienten gilt dort das Lama. 

Gemeinsam sei allen Ländern, dass die sozialen Konsequenzen psychiatrischer Probleme oft auf derselben Gemengelage basierten: „Job weg, Wohnungsverlust, Gewalt – die sozialen Nöte der Menschen sind überall sehr ähnlich“, so Thome.