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Überdurchschnittlich hohe Bereitschaft zur Gewebespende in der Universitätsmedizin Rostock

04. January 2022
Mitarbeiterin mit Hornhauttransplantat

Trotz Corona-Pandemie ist es der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) erneut gelungen, die Gewebespende weiter auszubauen und mehr Patienten mit Augenhornhäuten, Herzklappen, Blutgefäßen und Amnionmembranen zu versorgen.

Mithilfe der insgesamt 2.897 realisierten Gewebespenden war es der DGFG im letzten Jahr erstmals möglich, über 7.000 Patienten mit einem Gewebetransplantat zu versorgen, darunter 4.145 mit einer Augenhornhaut. Damit konnte die DGFG die Anzahl der zur Transplantation abgegebenen Gewebe in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppeln (2011: 3.143 vermittelte Gewebe). Mecklenburg-Vorpommern ist eines der spendenstärksten Bundesländer in 2021: Hier wurden 334 Gewebespenden realisiert. Als eine von fünf Gesellschafterkliniken engagiert sich auch die Universitätsmedizin Rostock (UMR) im bundesweiten Netzwerk der DGFG: Hier spendeten 44 Menschen nach ihrem Tod Gewebe, ein Rückgang von 32 Spendern im Vergleich zum Vorjahr (2020: 76). Fast die Hälfte aller potenziellen Gewebespender kam aus medizinischen Gründen wie einer Covid-19-Infektion nicht in Frage. Die Pandemie sorgt vor allem an Universitätskliniken mit Maximalversorgung für einen hohen Spenderausschluss. Erfreulich ist jedoch die überdurchschnittlich hohe Zustimmungsquote zur Gewebespende in der UMR mit 44 Prozent (Bundesdurchschnitt: 42 %). „Die Universitätsmedizin Rostock ist seit 2015 Gesellschafter der DGFG und dadurch aktiv beteiligt am größten Netzwerk der Gewebemedizin in Deutschland. Dieses Engagement für die Weiterentwicklung der Gewebespende ist uns ein großes Anliegen“, sagt Christian Petersen, Kaufmännischer Vorstand der Rostocker Unimedizin. „Als größte medizinische Einrichtung des Landes ist es unser Ziel, allen Patienten zeitnah eine Versorgung mit einem Transplantat zu ermöglichen.“

Hohe Solidarität in der Gewebespende unter Corona
Die Corona-Pandemie hält insbesondere die Medizinwelt weiter in Atem, führte jedoch bislang zu keinem Einbruch in der Gewebespende. Im Rahmen der 7.390 Aufklärungsgespräche wurde 3.103-mal einer Gewebespende zugestimmt. Damit liegt die Zustimmungsquote in 2021 bei 42 Prozent. An der UMR liegt diese sogar mit 44 Prozent höher als der Bundesdurchschnitt: Bei 115 Aufklärungsgesprächen kam es 51-mal zur Zustimmung. Insgesamt meldeten die Kliniken der DGFG 44.231 potentielle Gewebespender, davon kamen 1.166 Meldungen aus der UMR.

Mehr Menschen treffen zu Lebzeiten eine Entscheidung für die Gewebespende
Erfreulich ist auch die gestiegene Zahl an einer bereits zu Lebzeiten getroffenen Entscheidung: 28 Prozent haben 2021 in Deutschland ihren Willen zu einer Gewebespende bereits zu Lebzeiten geäußert oder dokumentiert. Vor zehn Jahren lag dieser Anteil bei nur 14 Prozent. Ist der Wille nicht bekannt, können Angehörige im Sinne der Verstorbenen entscheiden – in 2021 war dies in Deutschland in mehr als zwei Dritteln der Fall (69,7 %). Der deutliche Appell der DGFG lautet daher: Treffen Sie Ihre Entscheidung bereits zu Lebzeiten und teilen Sie sie Ihren Angehörigen mit. Schaffen Sie mit Ihrer Entscheidung Klarheit über den Tod hinaus!

Gewebespende auch unabhängig von Organspende möglich
Im Unterschied zur Organspende ist die Gewebespende nicht an die Hirntoddiagnostik gebunden. So wurde auch in 2021 der Großteil der Gewebespenden nach Herz-Kreislauf-Stillstand realisiert (85,7 %). Eine Entnahme von Herzklappen und Gefäßen ist bis zu 36 Stunden, eine Augenhornhautspende sogar bis zu 72 Stunden nach Todeseintritt möglich. In 2021 fand eine Gewebeentnahme an der Unimedizin Rostock durchschnittlich nach 39 Stunden ab Feststellung des Todeszeitpunktes statt.

Nach wie vor ist die Organspende wichtig für die Patientenversorgung insbesondere mit kardiovaskulärem Gewebe, d. h. Herzklappen und Blutgefäßen: An der UMR konnten drei Gewebespenden bei Organspendern durchgeführt werden. Bei einer dieser Spenden wurden auch kardiovaskuläre Gewebe entnommen. Insgesamt stammten in Deutschland 369 Gewebespenden von Organspendern (12,7 %). Bei 59 Prozent dieser Gewebespenden konnte das Herz für die Gewinnung der noch funktionsfähigen Herzklappen und Gefäße entnommen werden. Der Bedarf dieser Gewebe ist hoch. Mit 154 vermittelten Herzklappen konnte in 2021 die Hälfte aller Anfragen bedient werden. „Das ist noch immer zu wenig. Hinter jeder dieser Anfragen steht ein Patient, dessen Leben auf dem Spiel steht“, so Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG. Aus diesem Grund treibt die DGFG die von der Organspende unabhängige KVG-Spende bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen voran und konnte seit 2017 insgesamt 122 solcher Spenden realisieren.

Bedarf an Gewebe trotz steigender Spendezahlen noch immer nicht gedeckt
Der stete Ausbau des Spendeprogrammes und die wachsende Bereitschaft in der Bevölkerung haben dazu geführt, dass die DGFG die Patientenversorgung mit Gewebe innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als verdoppeln konnte. Um diesem hohen Spendevolumen gerecht zu werden, arbeiten 13 Gewebebanken im Netzwerk der DGFG zusammen. Trotz steigender Zahlen herrscht in Deutschland jedoch noch immer ein Mangel an Gewebe: 2021 konnte die DGFG 73 Prozent aller Anfragen für ein Hornhauttransplantat zeitnah bedienen; bei den Herzklappen waren es nur 50 Prozent. Jede offene Anfrage bedeutet für die Patienten ein noch längerer, mit Leid verbundener Weg zum Erhalt eines erlösenden Transplantats.

Über die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG)
Die DGFG fördert seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland. Auf Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Als unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft wird die DGFG ausschließlich von öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens getragen: Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg.