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Unimedizin forscht am Einsatz von künstlicher Intelligenz

18. February 2022
Oberärztin Dr. Annette Großmann (l.) und Informatiker Dr. Martin Dyrba

Oberärztin Dr. Annette Großmann (l.) und Informatiker Dr. Martin Dyrba mit der neuen App (mittig). KI-Methoden analysieren die MRT-Aufnahmen des Gehirns und markieren automatisch krankheitstypische Auffälligkeiten rot.

Viele Daten für eine bessere und individuelle Behandlung

Über drei Millionen Patienten werden in Deutschland jedes Jahr zu einer Untersuchung ihrer Wirbelsäule in ein MRT-Gerät (Magnetresonanztomograph) geschoben. Dabei entstehen pro Person hunderte von Bildern, die von den Radiologen ausgewertet werden. Das dauert lange und setzt große Erfahrungen auf Seiten der Ärzte voraus. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) kann eine Vorabauswertung innerhalb von wenigen Sekunden erfolgen und die radiologische Diagnostik verbessern. Prof. Marc-André Weber, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie an der Unimedizin Rostock und Partner des Zentrums für künstliche Intelligenz in MV, erforscht mit seinem Team den Einsatz eines intelligenten Unterstützungssystems, um genauere Befunde der Wirbelsäule erstellen zu können. Er ist sicher, dass künftig kein Weg an KI in der Medizin vorbeiführt.

„Wir haben die anonymisierten Datensätze von ca. 10.000 Wirbelsäulen-MRT-Bildern in eine Software eingepflegt. Sie bilden einen Durchschnittswert“, erläutert Weber. „Die nach einer Untersuchung neu eingespielten Bilder werden in Sekundenschnelle mit allen anderen Bildern abgeglichen und Abweichungen vom Durchschnitt markiert.“ Die diagnostizierenden Ärzte sehen in kürzester Zeit, wo sie genauer hinschauen müssen. Aufgrund der guten Ergebnisse wird mit einem klinischen Einsatz im nächsten Jahr gerechnet. An einem ähnlichen Projekt forschen auch Prof. Stefan Teipel und Dr. Martin Dyrba an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen. „Wir beschäftigen uns mit der klinischen Demenzforschung und arbeiten dabei auch mit MRT-basierten bildgebenden Diagnoseverfahren. Die Datenprüfung dieser 3D-Bilder vom Gehirn erfordert einen hohen Arbeitsaufwand und viel Erfahrung“, so Teipel. Um die Diagnosesicherheit zu verbessern, entwickelte Dybra eine App, die künstliche neuronale Netze zur automatischen Auswertung der Aufnahmen nutzt und so Anomalien im Gehirn aufspürt und markiert. Er wies bereits nach, dass die App die bei Alzheimer typischen anatomischen Veränderungen richtig erkennt. Sie soll nun für andere diagnostische Fragestellungen erweitert werden.

Die Voraussetzung für eine optimale Auswertung von MRT- oder CT-Bildern durch KI sind qualitativ hochwertige Aufnahmen. Aus diesem Grund hat die Unimedizin Rostock Forschungsverträge mit großen Geräteherstellern. Aber auch lokale Unternehmen wie Planet AI sind in die Forschungsprojekte zum Einsatz künstlicher Intelligenz eingebunden. Prof. Marc-André Weber verweist darauf, dass der Mensch der limitierende Faktor ist, wenn es um eine deutliche Verbesserung der Diagnostik geht. „Intelligente Algorithmen unterstützen den Arzt dabei, aus den vielfältigen Patientendaten eine möglichst genaue Diagnose zu erstellen.“ Er sieht die elektronische Patientenakte als Grundlage für eine bestmögliche ärztliche Behandlung und den Einsatz von KI: „Wenn ein Patient zu einer radiologischen Untersuchung kommt, weiß ich oft nicht viel über seinen sonstigen Gesundheitszustand und bin auf die individuellen Aussagen des Patienten angewiesen. Hier sehe ich ein deutliches Verbesserungspotential für die medizinische Versorgung zum Wohl der Menschen, denn nur eine personalisierte Medizin ermöglicht die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt für den richtigen Menschen“, so Weber abschließend.