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Warum Zappelphilipp kriminell werden kann: Symposium befasst sich mit Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität

19. April 2007

„Zappelphilipp“ ist eine geläufige Umschreibung für Kinder, denen es schwer fällt, still zu sitzen und die sich nicht gut konzentrieren können. Bei entsprechender Ausprägung dieser Symptome liegt dann eine Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) vor.

Dabei handelt es sich um eine der häufigsten psychischen Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen, die auch das spätere Leben der jungen Erwachsenen beeinflusst und zudem an die eigenen Kinder vererbt werden kann. Drogenmissbrauch kann ebenso Folge einer unzureichend behandelten ADHS-Erkrankung sein wie Kriminalität oder schlechte Leistungen in Schule und Ausbildung. Wissenschaftler sind dem Phänomen seit längerem auf der Spur. In Rostock treffen sich nun Forscher aus der ganzen Bundesrepublik, um beim 1. Norddeutschen ADHS-Symposium neue Erkenntnisse und Behandlungsmöglichkeiten zu diskutieren. „ADHS zählt zu den häufigsten Erkrankungen im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich“, sagt Professor Dr. Häßler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie. Der Volksmund spricht meist von Hyperaktivität oder schlicht vom „Zappelphilipp“. Die Wissenschaft ist da konkreter: ADHS – das bedeutet Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. ADHS macht eine Größenordnung von zwei bis sechs Prozent aus, 30 Prozent der Erkrankten leiden unter den Symptomen bis ins Erwachsenenalter. „Es handelt sich um eine Erkrankung des Nervensystems, die auch vererbt werden kann“, sagt Professor Dr. Frank Häßler. Ganz schwere Fälle müssen mit Medikamenten behandelt werden, aber auch Behandlungen durch Methoden der Verhaltenstherapie erzielen gute Ergebnisse. Behandelt werden dabei nicht nur Hyperaktivität, Probleme mit der Aufmerksamkeit oder impulsives Verhalten, sondern auch Störungen, die oft mit ADHS einhergehen: Störungen des Sozialverhaltens, oppositionelles Trotzverhalten, Angststörungen und Depressionen oder so genannte Tics. „Aktuell untersuchen wir auch weniger bekannte aber dennoch wichtige Begleitstörungen, die bei ADHS auftreten“, sagt Professor Häßler. Gemeint sind Intelligenzminderung, Teilleistungsstörungen, der Missbrauch von Suchtmitteln und Zwangsstörungen, die bei der möglichst umfassenden Therapie beachtet werden müssen. „Besonders wichtig ist es uns, vor allem diejenigen Störungen zu behandeln, die die gesellschaftliche Teilhabe der Betroffenen einschränken“, so Professor Häßler. Bei Patienten, die nicht adäquat behandelt werden, besteht die Gefahr, dass sie eine antisoziale oder gar kriminelle Entwicklung nehmen, dass sie drogensüchtig werden. „Außerdem bleiben sie in Schule und Ausbildung oft weit hinter ihren Möglichkeiten zurück“, sagt Professor Häßler. Zu ADHS gibt es jährlich eine Vielzahl von Symposien und kleineren wissenschaftlichen Veranstaltungen. Deshalb haben die Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter am Universitätsklinikum und die Kinder- und Jugendpsychiatrische Tagesklinik der Gesellschaft für Gemeindepsychiatrie (GGP) für das 1. Norddeutsche ADHS-Symposium ein Programm zusammengestellt, in welchem namhafte Wissenschaftler zu mit ADHS verbundenen Problemen referieren werden. Zu den erstmals in einem solchen Forum diskutierten Problemen gehören unter anderem die der Sexualentwicklung, von orthopädischen Auffälligkeiten, bipolaren Störungen, Bindungsverhalten, alternativen Therapieoptionen, Persönlichkeitsstörungen und das breite Spektrum forensischer Implikationen. Erwartet werden etwa 300 Teilnehmer. 20. und 21. April 2007 1. Norddeutsches ADHS-Symposium „Facetten eines Störungsbildes“ Ort: Radisson Hotel, Lange Straße 40, 18055 Rostock 20. April: Eröffnung 9.00 Uhr 21. April: Beginn 9.00 Uhr