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Welt-MS-Tag: Rostocker Forscher wünschen sich zentrales Register

26. May 2014

Am 28. Mai ist Welt-MS-Tag. Die Universitätsmedizin Rostock bietet Erkrankten Hilfe in der größten Spezialambulanz Norddeutschlands. Deren Leiter wünscht sich die anonyme Erfassung aller Fälle - für eine bessere Forschung.

Zum Welt-MS-Tag am 28. Mai fordern Vereine und Verbände weltweit gleiche Chancen für Menschen, die an Multipler Sklerose (MS) leiden. An der Rostocker Universitätsmedizin gibt es seit 20 Jahren eine Spezialambulanz für Betroffene. Jährlich betreut, berät und unterstützt das Team mehr als 2000 Patienten. Damit gilt die Rostocker Ambulanz als größte in Norddeutschland und zählt zu den fünf bedeutendsten im gesamten Bundesgebiet.

Bei der Erkrankung greift das eigene Immunsystem das Nervensystem an und verursacht Symptome, die von Patient zu Patient stark variieren: Sie können von Sehstörungen oder Kribbelgefühlen über Funktionsstörungen der Blase bis hin zu motorischen Ausfällen reichen. Je nach Verlauf und Stärke der Erkrankung können die Störungen bleibende Schäden übergehen. „Bis zum Ende der 1990er Jahre war es häufig üblich, Patienten sofort nach der Diagnose zu invalidisieren“, sagt Prof. Dr. Uwe Zettl, Leiter der Spezialambulanz für klinische Neuroimmunologie und Multiple Sklerose am Zentrum für Nervenheilkunde der Universitätsmedizin Rostock. „Das ist aus heutiger Sicht wenig sinnvoll, da der Verlauf unvorhersehbar ist. Heute wird alles daran gesetzt, Betroffene so lange wie möglich im sozialen und beruflichen Leben zu halten.“ 

An der Rostocker Klinik wird einiges dafür getan: Neben Immuntherapien und der Behandlung von Symptomen erhalten Patienten Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung. „In den ersten Jahren nach der Diagnose fallen Betroffene oft in ein tiefes Loch“, so Zettl. „Wir helfen dabei, mit der Erkrankung zu leben, da sich emotionaler Stress negativ auf die Erkrankung auswirken kann.“ 

Die Zahl der Menschen, die an MS erkranken, habe sich in den vergangenen 40 Jahren mehr als verdoppelt, so Zettl. Nach aktuellen Angaben der gesetzlichen Krankenversicherungen leiden in Deutschland rund 200 000 Menschen an Multipler Sklerose. Die ersten Symptome, die sich in der Regel schubförmig äußern, treten meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf, wobei Frauen drei- bis siebenmal so häufig betroffen sind wie Männer. „Bis heute ist nicht geklärt, was die Erkrankung auslöst und warum das Immunsystem ausgerechnet das Nervensystem angreift“, berichtet der Professor. Neue Medikamente versprächen zwar bessere Prognosen. „Die MS gilt aber nach wie vor als unheilbar.“

Um die Krankheit besser zu verstehen, arbeitet das Team um Zettl aktuell an einer Vielzahl von Studien. „Wir untersuchen die MS aus verschiedenen Blickpunkten“, erklärt er. Mit Erfolg: Erst kürzlich wurden die Rostocker Forscher für das RNA-Profiling, eine Methode, mit der die Funktionsweise von MS-Therapien genetisch überprüft werden kann, mit mehreren bedeutenden Forschungspreisen ausgezeichnet. Im vergangenen August veröffentlichten sie einen international beachteten Artikel über Kopfschmerzen bei Multipler Sklerose: „Man ging lange davon aus, dass Kopfschmerzen gegen MS sprechen“, so Zettl. „Wir konnten aber herausfinden, dass dieses Symptom bei 80 Prozent der Patienten auftritt.“ 

Für die Zukunft wünscht sich Prof. Zettl eine stärkere staatliche Unterstützung für die MS-Forschung sowie ein zentrales bundesweites Register, in dem Patienten anonym erfasst werden. „So würden wir ein ganzheitliches Bild über Verlauf und Auftreten der Krankheit erhalten“, so Zettl. „Das könnte langfristig auch zu neuen Erkenntnissen zu Ursachen und verbesserten Behandlungsmöglichkeiten führen.“