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Zurück in der Heimat – als blutjunger HNO-Klinikchef

12. August 2014

Prof. Dr. Robert Mlynski

Der neue Chef der HNO-Klinik ist ein Arzt mit internationalem Renommee – und Heimkehrer. Schwerhörigkeit hält er für ein sich verschärfendes Problem der immer älter werdenden Gesellschaft. Vor allem in MV.

Beim Rundgang neulich erblickte er es: „Unser Haus war damals das letzte in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt, das noch nicht saniert war – inzwischen ist es auch schick“, erzählt lächelnd Prof. Dr. Robert Mlynski. Ein klares Indiz dafür, wie lange er schon nicht mehr in Rostock war. Der 40-Jährige ist seit Anfang Juli der neue Leiter der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie „Otto Körner“ in der Doberaner Straße – und damit ein glücklicher Heimkehrer. „Ich freue mich über jede Möwe, die ich höre“, sagt der Vater zweier kleiner Kinder. „Meine Frau ist zwei Häuser von meinem Büro entfernt geboren, in der ehemaligen Frauenklinik und heutigen Orthopädie.“ Auch Mlynski ist ein waschechter Mecklenburger Sohn. Aufgewachsen in Greifswald und auf Usedom, entschied er sich irgendwann für den schönen Studienort Rostock. In den vergangenen Jahren war er der Heimat äußerst fern, nutzte aber die Zeit des Exils wahrlich optimal: Als HNO-Oberarzt des Universitätsklinikums Würzburg hat er sich einen internationalen Ruf als Spezialist erarbeitet. 

Seine klinischen Schwerpunkte liegen in der Chirurgie der Schädelbasis und Mikrochirurgie des Ohrs. Wissenschaftlich beschäftigt er sich mit der Entwicklung einsetzbarer Hörsysteme wie den Cochlear-Implantaten und der Biologie der Hörbahn. Mlynski ist außerdem Mitglied von Hearring, einem Verbund internationaler Hörzentren. 

Diesen ausgezeichneten Status möchte er für die Rostocker Klinik nun halten. „Dafür brauchen wir eine hochwertige Patientenversorgung, deren Qualität gemessen werden muss“, sagt der Mediziner. Eng müsse hierfür die Klinik mit Hörgeräteakustikern und niedergelassenen Fachkollegen zusammenarbeiten.

Eine besondere Herausforderung für seine Disziplin sieht der Arzt in der demografischen Entwicklung: Die zunehmende Schwerhörigkeit ist künftig ein bestimmendes Thema in einer immer älter werdenden Bevölkerung. „In Mecklenburg-Vorpommern wird das Problem noch dadurch verschärft, dass die Leute im Flächenland weit auseinander wohnen – denn Schwerhörigkeit isoliert ohnehin schon.“ 

Welchen Stellenwert das Hören hat, erlebt Mlynski immer wieder, wenn er etwa Patienten, die lange einseitig schwerhörig waren, „das zweite Ohr zurückgibt“, wie er sagt. „Dann sind sie zurück im Leben, haben wieder Anschluss an die Welt.“ Das sei auch für die Angehörigen ein unglaublicher Meilenstein. Zutiefst rührend sei es auch, die Entwicklung eines Kindes zu erleben, das noch im ersten Lebensjahr so gut wie nichts hören konnte und dann als Besucher einer Regelschule wieder zu ihm komme. 

Auch Patienten, die nach Disco- oder Konzertbesuchen über Ohrgeräusche klagen, konsultieren die Rostocker Spezialisten. „Lärm ist eines der wenigen Dinge, bei denen man direkt verfolgen kann, wie schnell und wie viel vom Ohr kaputt geht“, sagt der Experte. Als Wissenschaftler hegt er die Hoffnung, dass irgendwann bestimmte Stammzellen Patienten dabei helfen werden, Bereiche des Hörens wieder zu aktivieren. Das komme es ihm zugute, dass an der Universitätsmedizin Rostock einer der großen Forschungs- und Behandlungsschwerpunkte auf den regenerativen Erkrankungen liege. Mehrere neue Verfahren und Technologien, etwa zur hörverbessernden Chirurgie, hat der ehemalige Würzburger Oberarzt bereits im Gepäck für sein Rostocker Haus, die älteste HNO-Klinik in Nord- und Mitteleuropa.

Auch die Lehre liegt ihm sehr am Herzen. „Wir operieren hier auf der Fläche von der Größe eines Marienkäfers – so klein ist ungefähr das Mittelohr. Das ist doch spannend“, sagt er und möchte die Studenten und Facharzt-Anwärter mit seiner Begeisterung anstecken. Schließlich sollen die niedergelassenen Kollegen exzellent ausgebildeten Nachwuchs bekommen.

Einen großen Teil der Fälle machen in der Klinik außerdem bösartige Tumore an Schlund, Kopf und Hals aus, unter anderem verursacht durch übermäßigen Alkohol- und Nikotinkonsum. „Wir begleiten die Betroffenen von der Verdachtsdiagnose bis hin zur Nachbehandlung“, erzählt Prof. Mlynski. „Das funktioniert hier sehr gut über unser universitäres Kopf-Hals-Tumorzentrum, in dem alle beteiligten Disziplinen zusammenarbeiten.“ Auch Patienten mit Erkrankungen an Atmungsorganen, etwa der Nase und ihren Nebenhöhlen, werden behandelt. „Schonend durch die Nase, ohne dass es hinterher Funktionseinbußen gibt“, sagt der Spezialist, den der „Focus“ gerade zu einem der Top-Mediziner Deutschlands gekürt hat.

Mit blutjungen 40 Jahren Klinikdirektor in Rostock zu werden – wie fühlt sich das eigentlich an? „Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen, als ich 1988 einen Vertrag für die Ausbildung zum Werkzeugmacher unterschrieb“, sagt Robert Mlynski und lacht. „Ich durfte erst mal kein Abitur machen. Doch dann kam mit der Wende alles ganz anders.“ Zum Glück für seine Patienten in der norddeutschen Heimat. Und die Möwen, deren dankbarster Zuhörer er nun jeden Tag ist.