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Forscher entwickeln Haut-Scanner zur operationsfreien Diagnose von schwarzem Hautkrebs

14. September 2020
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Die optische Biopsie kann Melanome schneller als die herkömmliche operative Biopsie diagnostizieren.

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Prof. Dr. Steffen Emmert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie der Universitätsmedizin Rostock

Leibniz Universität Hannover und Universitätsmedizin Rostock erhalten DFG-Förderung für standortübergreifendes Projekt zur Entwicklung neuer Diagnostik.

In Deutschland diagnostizieren Ärzte jährlich bei rund 25.000 Menschen schwarzen Hautkrebs (Melanom), die gefährlichste aller Hautkrebsvarianten, Tendenz steigend. Als Hauptursache für den Krankheitsausbruch gilt der ultraviolette Teil des Sonnenlichts. Ob ein Melanom überhaupt erkannt wird, hängt bislang auch viel von der Erfahrung des behandelnden Arztes ab. Denn die bösartigen Hauttumore, die auch aus harmlosen Leberflecken entstehen können, verursachen bei den Betroffenen oftmals keinerlei Beschwerden. Dabei können schon Tumore mit einer geringen Eindringtiefe in die Haut von etwa einem Millimeter über die Blutbahn Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, bilden und sich schnell ausbreiten.

Je später der Krebs erkannt wird, desto geringer sind die Heilungschancen. Die durchschnittlichen Behandlungskosten je Patient steigen jedoch von wenigen tausend Euro (Stadium I) auf mehrere hunderttausend Euro (Stadium III/IV) deutlich. Derzeit kann nur nach der chirurgischen Entnahme einer Hautveränderung und einer Laboranalyse eine eindeutige Diagnose gestellt werden. Bestätigt sich der Verdacht auf ein Melanom, muss bei einer zweiten Operation verbliebenes Tumorgewebe mit Sicherheitsabstand gänzlich entfernt werden und die ableitenden Lymphknoten häufig gleich mit. Dieses Verfahren erfordert nicht nur mehrere Termine und kostet wertvolle Zeit für Arzt, Patient und Labordienste, sondern ist auch belastend für den Patienten.

Ein Physikerteam der Leibniz Universität Hannover arbeitet zusammen mit Medizinern der Hautklinik der Universitätsmedizin Rostock an einem neuen Diagnoseverfahren, um den schwarzen Hautkrebs künftig sicherer, schneller und kostengünstiger erkennen zu können. Die Wissenschaftler des Hannoverschen Zentrums für Optische Technologien (HOT) unter Leitung von Prof. Dr. Bernhard Roth entwickeln dabei das optische, nicht-invasive Verfahren (optische Biopsie). Die diagnostische Validierung und Erprobung im Klinikalltag erfolgt im Team von Prof. Dr. Steffen Emmert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie der Universitätsmedizin Rostock. Die beiden Wissenschaftler arbeiten schon seit Jahren mit ihren Arbeitsgruppen an der Entwicklung nichtinvasiver optischer Diagnostikverfahren zusammen.

Der geplante „Haut-Scanner“ soll sowohl die Gut- oder Bösartigkeit eines Leberflecks als auch die Eindringtiefe zuverlässig erkennen und das Ergebnis als digitales, leicht zu interpretierendes Bild darstellen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden erstmals drei optische Verfahren miteinander kombiniert. „Derzeit kann keine andere Technologie alle für eine nicht-invasive Diagnostik notwendigen Informationen liefern. Unser multimodaler Ansatz ist daher eine echte Innovation auf dem Gebiet“, sagt Prof. Dr. Bernhard Roth, Geschäftsführer des HOT und Leiter der Arbeitsgruppe Präzisionsmesswesen (Metrologie) im Exzellenzcluster PhoenixD.

Das in der Entwicklung befindliche Verfahren würde gleich mehrere Vorteile bieten: Erstens könnte die „optische Biospie“ künftig das Skalpell bei der Diagnose ersetzen. Denn die Hautmale werden bei dem nicht-invasiven Verfahren nur noch gescannt. Die Entnahme einer Hautprobe und deren Analyse im Labor entfallen ebenso wie die schmerzhafte Zeit der Ungewissheit für die Patienten, während sie auf das Laborergebnis warten. Künftig wissen Arzt und Patient direkt nach dem Scan, ob es sich bei der Hautveränderung um einen bösartigen Tumor handelt oder nicht. Dadurch könnten die Kosten für überflüssige Gewebeuntersuchungen eingespart werden, denn derzeit sind 86 bis 95 Prozent der entnommenen Gewebeproben unauffällig bzw. gutartig. Der neue Hautscanner erlaubt zudem den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Dadurch kann die Diagnostik kontinuierlich verbessert werden – eventuell sogar soweit, dass Untersuchungen künftig nicht mehr ausschließlich von einem Arzt durchgeführt werden müssen, sondern auch von nicht-medizinischem Personal. „Wenn nur zehn Prozent der Melanome in einem früheren Entwicklungsstadium erkannt würden, könnte das für die Krankenkassen Kosten in vielfacher Millionenhöhe pro Jahr einsparen“, schätzt Emmert und fügt hinzu: „Das neue Gerät könnte zukünftig auch für anderen Hautkrankheiten eingesetzt werden und zu ganz neuen Ansätzen in der Therapiekontrolle führen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die Erforschung der „optischen Biopsie“ mit rund 1,1 Millionen Euro und insgesamt 3 Mitarbeiterstellen in Hannover und Rostock.

Hier geht's zur Pressemitteilung auf Englisch.