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Neues Buch beleuchtet das dunkle Kapitel der Psychiatriegeschichte in Ueckermünde und Pommern

11. June 2025
Frau mit kurzen Haaren sitzt am Tisch und hält Buch in der Hand

Dr. Kathleen Haack hat mit einem Fachbuch umfassend die Psychiatriegeschichte in Pommern und Ueckermünde in den Fokus genommen.

Forscherin Dr. Kathleen Haack von der Universitätsmedizin Rostock untersucht nationalsozialistische Gesundheits- und Rassenpolitik am Beispiel der Ueckermünder Einrichtung

Unter dem Titel "Vom ,Anstaltsboom' zum NS-Krankenmord: Psychiatrie in Ueckermünde und Pommern im 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert" hat Dr. Kathleen Haack, Wissenschaftlerin im Arbeitsbereich Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Rostock, eine umfassende Studie zur Rolle der Ueckermünder psychiatrischen Einrichtung im Nationalsozialismus veröffentlicht. Die Publikation beleuchtet die historische Entwicklung der Psychiatrie in Pommern und dokumentiert, wie die ursprünglich humanistische Idee der medizinischen Versorgung psychisch Kranker in Zeiten ideologischer Radikalisierung in ihr Gegenteil verkehrt wurde.

Die Medizinhistorikerin beschreibt, dass die im 19. Jahrhundert entwickelte Vorstellung, psychisch Erkrankte in einer geschützten, medizinischen Umgebung zu behandeln, in politischen und gesellschaftlichen Krisenzeiten schnell an ihre Grenzen stieß. Schon in der Weimarer Republik und verschärft unter den Bedingungen des Nationalsozialismus sei die individuelle Würde des Menschen in einem gefährlichen ideologischen Geflecht zunehmend in den Hintergrund gedrängt worden.

„Maßnahmen zur Aussonderung von Schwachen, Unnützen und Kranken rückten in den Fokus“, so Haack. Unter der NS-Gesundheits- und Rassenpolitik seien viele dieser Menschen – darunter Langzeitpatienten, Umsiedler, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene – zunächst aus der sogenannten Fortpflanzungsgemeinschaft ausgeschlossen und später systematisch ermordet worden. Pommern, so die Autorin, habe dabei früh einen eigenen, besonders drastischen Weg eingeschlagen.

Das Buch rekonstruiert individuelle Schicksale und erinnert an das Leid der oft Vergessenen. Zugleich arbeitet die Studie die Rolle regionaler Akteure heraus – sowohl als Ausführende im nationalsozialistischen Gesamtsystem als auch als eigenständig Handelnde bei der Umsetzung von Ausgrenzung und Vernichtungspolitik. Damit leistet die Arbeit einen wichtigen Beitrag zur historischen Aufarbeitung und ethischen Reflexion medizinischer Verantwortung. Das Buch kann als Vorarbeit für ein jüngst genehmigtes deutsch-polnisches Verbundprojekt unter Beteiligung des Arbeitsbereichs Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Rostock mit dem Titel „Lebendige Erinnerungsorte“ angesehen werden, das von der Europäischen Union gefördert wird. 

Die Buchpräsentation findet am 18. Juni um 15 Uhr im Kino Ueckermünde (An der Volksbühne 4, 17373 Seebad Ueckermünde) statt. Interessierte sind eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen und mit der Autorin ins Gespräch zu kommen.